Die zweite Etappe ist gleich ein Hammer: Es geht direkt hinein in den Anti-Atlas, wir fahren die sogenannte "Achterbahn". Der Name rührt daher, dass die Straße sich in aberwitziger Manier hinauf und hinab durch die Berge windet, auf etwa 110km fährt man um die 2500 Höhenmeter. Die Streckenführung ist toll, dazu zeigt sich der Anti-Atlas von seiner besten Seite: Überall blühen Mandelbäume, dazu leuchten die unzähligen Terrassen in saftigem Grün. Traumhaft! |
Es folgt eine tolle Abfahrt, welche in die Mansour-Schlucht mündet.
Hier sind wir zum ersten Mal absolut überwältigt, auf mich wirkt die Schlucht wie der Grand Canyon in Kleinformat.
Keine Menschenseele ist hier heute unterwegs, was wir wohl der späten Tageszeit zu verdanken haben.
In Ait Mansour rasten wir bei dem ausgesprochen sympathischen Messaoud, der uns ein köstliches Berberomelett zubereitet. Weiter geht es auf einer grausamen Piste, nun nicht mehr oberhalb des Oueds sondern mittendrin und unter Palmen. |
Bei stürmischem Wind, der meist von der Seite weht, strampeln wir im Morgengrauen auf der Asphaltstraße zur Akka-Mine.
Dort beginnt eine ordentliche Piste, welche uns einige Stunden durch abwechslungsreiche und sehr einsame Steinwüste führt.
In dem Dorf Intla wollen wir in der Schule eigentlich nur unsere Wasserflaschen nachfüllen, da lädt uns der Lehrer Mustapha zum Tee ein. Während seine Schüler fleißig Multiplikationsrechnung üben trinken wir im Zimmer des Direktors, welcher sich über die jämmerliche Situation der Schule beklagt. Er zeigt uns die Bibliothek, welche aus etwa 20 abgewetzten und uralten Heften besteht sowie den Verbandskasten, bestehend aus einer Flasche Desinfektionsmittel und einer Mullbinde (für über 100 Schüler). |
Nachdem ich Mustapha um Erlaubnis gebeten habe, gehe ich in zwei Klassen und rede mit den Schülern. Die zuvor konzentriert arbeitenden Schüler werden bei meinem Anblick plötzlich sehr unruhig, es herrscht allgemeines Getuschel und Gekicher. Doch als wenig später Mustapha hinzukommt, ist sofort kein Mucks mehr zu hören. Wenn ich wirklich Lehrer werden will, muss ich dringend an meiner natürlichen Autorität arbeiten... Ich mache einige Fotos von den Klassen und verspreche Mustapha, sie ihm zu schicken (was ich natürlich auch mache!). |
Nach dem Ruhetag stehen wir früh auf, so dass wir Tata bereits weit hinter uns gelassen haben als die Sonne aufgeht. Die Strecke führt nun durch reizvolle wenn auch wenig abwechslungsreiche Steinwüste. Der Ort Tissint bietet sich für eine längere Mittagspause geradezu an: Wir kochen Nudeln, quatschen mit einigen marokkanischen Touristen und ich bade am Wasserfall. |
Der Tag beginnt sehr entspannt, 40km lang sausen wir bergab nur so dahin. Agdz schenken wir uns, zu negativ sind meine Erinnerungen an diesen Ort. Stattdessen machen wir eine ausgiebige Mittagspause in der paradiesischen Auberge an der Kreuzung in Tansikht. Wir essen ein köstliches Berberomelett, dazu natürlich Hawaii und Minz-Tee. |
Danach beginnt der schwierige Anstieg zum Tizi-n-Tazazert. Schwierig daher, weil die Piste teilweise sehr übel ist, dicke Felsbrocken wechseln sich mit tiefem Kies ab. Öfters werde ich zum Absprung gezwungen, einmal geht's so schnell, dass meine Familienplanung kurz ins Wanken gerät. Till bzw. sein Rad hat Probleme mit der Piste, er schiebt fast die gesamten 1000 Höhenmeter. Immerhin hat er dadurch mehr Gelegenheit als ich, die grandiose Landschaft zu bestaunen. Die Felsformationen vulkanischen Ursprungs sind bizarr und wunderschön anzusehen, die Aussicht zurück nach Süden atemberaubend. |
Wir beginnen den Tag betont gemütlich, schlafen lange (d.h. bis kurz nach 8), frühstücken ausgiebig und erledigen diverse Kleinigkeiten in Boumalne. Um 11 Uhr beginnen wir, ganz gemächlich die Dades-Schlucht hinauf zu zuckeln. Unsere Beine fühlen sich heute den ganzen Tag über an wie Fremdkörper. Die Schlucht gefällt uns sehr, wir bestaunen die verschiedenen Felsverwerfungen und die unzähligen Kasbahs. Der Dades führt viel Wasser, weite Teile der Anbauflächen sind überschwemmt. 30km nach Boumalne kehren wir in der Auberge Tandrifte ein, wo wir zunächst zu Mittag essen (Berberomelett, was sonst...). |
Wir fahren dann die bekannte Piste ab Ait Youl über Bou Thrarar. In letzterem Ort machen wir Mittagspause in einer wunderschönen Umgebung, von der Terrasse des Restaurants haben wir einen tollen Blick auf das weite grüne Tal mit den vielen verschiedenfarbigen Felsen. Die Piste führt hiernach durch reizvolle Landschaft voller blühender Bäume. Ab Ait Toumert fahren wir auf einer sehr einsamen Hochebene, wo wir nur ganz vereinzelt auf Hirten treffen. Die Leute machen auf mich einen sehr entspannten und besonders freundlichen Eindruck, es kommt zu einigen sehr herzlichen Begegnungen. Zufrieden mit der Welt bauen wir während des kitschigen Sonnenuntergangs unser Zelt auf und sinken voller Vorfreude auf den bevorstehenden 2800m-Pass in den Schlaf. |
Dieser für uns wahnsinnig aufregende Tag beginnt morgens mit einer Einladung zum Tee in Ifrane. Wir werden in das Wohnzimmer einer großen Familie geführt, wo wir es uns zusammen mit 13 Familienmitgliedern, davon 11 Frauen, auf dem Teppich bequem machen. Zunächst bekommen wir auf dem Herd warmgemachtes Wasser zum Händewaschen gereicht, danach beginnt die Teezeremonie. Zum Tee bekommen wir frisch gebackenes köstliches Brot gereicht, dazu Olivenöl und eine Art Linsensuppe zum Eintunken. Keiner spricht französisch oder englisch, aber die Atmosphäre ist sehr locker und freundlich und wir fühlen uns sehr wohl. Meine langen Haare sind ein großer Aufreger und sorgen für viel Gekicher. Wir bleiben recht lange bei der Familie, insgesamt ist es eine tolle Erfahrung, die noch nachhaltig auf uns einwirkt. Als Gastgeschenk haben wir leider nicht viel zu bieten, einen Schal und eine Trainingsjacke kann ich entbehren. Nicht gerade etwas für die ganze Familie, dennoch ist die Freude groß. |
Als ich schließlich auf der Passhöhe (2804m) ankomme und schonmal einen Blick auf die bevorstehende Abfahrt werfe, erschrecke ich: Auf etwa 1,5km ist die Piste tief zugeschneit, nur eine kleine Schneise für Fußgänger ist frei, direkt neben einem schwindelerregenden Abhang. Dazu stürmt es hier oben gewaltig, unsere Unternehmung ist wirklich nicht ganz ungefährlich! Wir tasten uns vorsichtig den Berg hinab, nach einer Weile wird es zum Glück sicherer. Als schließlich kein Schnee mehr auf der Piste liegt, ist sie leider immernoch sehr matschig und kaum befahrbar. So kämpfen wir uns bis Amezri, immer wieder müssen wir die blockierenden Laufräder vom Matsch befreien. Die Landschaft entschädigt allerdings für die Mühen: Tief verschneite Berge ringsherum, grüne Terrassen, rote Felsen, die Kontraste sind einfach traumhaft anzusehen! |
Dann beginnt eine traumhafte Fahrt durch das Tessaout-Tal. Unwirklich erscheinende Felsformationen, wie Adlerhorste an den Felsen klebende Dörfer, dazu der rauschende Oued, unsere Sinne sind wie berauscht. Zudem stellt sich bei uns das überwältigende Gefühl ein, gerade eine Reise in die Vergangenheit zu machen. Die Leute, denen wir begegnen, scheinen teilweise in uns auch Menschen aus einer anderen Welt zu sehen, wir ernten wunderliche bis verständnislose Blicke, dazu fragende Gesten. Autos oder Touristen sehen wir in diesem Tal überhaupt keine. |
Die Piste ist zumeist schlecht, dazu kommen eine handvoll teilweise knietiefer Furten und unzählige Durchfahrten überschwemmter
Pistenstücke. Insgesamt kommen wir kaum voran.
Als ich mal wieder ein Foto machen will, beginnt ein 100 Meter entferntes Mädchen wild zu kreischen und zu weinen. Ups, das wollte ich nicht. Obwohl ich meine Kamera sofort wieder einstecke ohne ein Foto gemacht zu haben, heult sie weiter wie ein Schlosshund und beschimpft mich. Ab jetzt bin ich noch vorsichtiger beim Fotografieren. |
Wir fahren hiernach noch 10km exakt bis zu der Stelle, wo ich im Vorjahr zusammen mit Martl gecampt hatte. Wir haben kein Benzin mehr, daher bauen wir uns eine Art Steinofen auf dem wir uns Nudeln kochen. |
Früh morgens verlassen wir die Hauptstraße in Richtung Marrakesh und verfolgen die angenehme Piste Richtung Ait Benhaddou. Der
Blick auf den tief verschneiten Hohen Atlas ist fantastisch. Wir passieren eine heruntergekommene Filmkulisse in Gestalt
einer Arena. Zwei Hirten haben sie inzwischen zu ihrer Behausung umfunktioniert und klären uns darüber auf, dass hier
der Hollywoodfilm "Gladiator" gedreht wurde.
Wenig später erreichen wir das Ksar Ait Benhaddou, wo ich mir zur Erheiterung der umherstehenden Touristen nasse Füße bei einer versuchten Oued-Durchfahrt hole. Erst am frühen Abend besichtigen wir den Ksar, der natürlich sehenswert ist. Aber vom Hocker haut's uns nun nicht gerade... |
Heute morgen kurbeln wir wie die Bekloppten: Zunächst die 50km bis Anezal quasi ohne Pause, die Landschaft ist aber auch wirklich
nicht sehr spannend. In Anezal kurz mit Lebensmitteln eingedeckt, schon radeln wir auf der leicht wellblechartigen Piste Richtung
Siroua-Massiv. Wir haben leichten Rückenwind, heute läuft's einfach.
Die Landschaft wird mit zunehmender Höhe immer felsiger und sehenswerter, die Gegend um den Tizi-n-Melloul ist ein absoluter Traum. In dieser kargen Landschaft mit den umliegenden schneebedeckten Bergen überrascht es mich doch sehr, so viele Terrassen und grüne moosartige Wiesen vorzufinden. |
Überhaupt ist heute irgendwie nicht mein Tag, zweimal stürze ich leicht, jedesmal weil ich mich mehr auf die Landschaft und mögliche Fotomotive als auf die Piste konzentriere. Kurz vor Askaoun kröne ich das Ganze, als ich mit etwa 35km/h auf einen dicken Felsbrocken rase. Ergebnis ist eine Delle in der Felge und eine böse Acht. Zum Glück habe ich mit Till meinen eigenen Mechaniker dabei... Till selber hat heute auch einen pannenreichen Tag mit zwei Speichenbrüchen und einem Platten. |